Wie ihr wisst, besteht der berufliche Teil meiner fotografischen Arbeit aus der professionellen Sportfotografie. Da ich immer wieder Fragen dazu bekomme, wie so ein Spieltag eigentlich für einen Sportfotografen abläuft, will ich Euch mit diesem Text einmal zu einem ganz normalen Bundesligaspieltag mitnehmen.

Neben den Bundesligen im Fußball, Basketball oder Handball fotografiere ich natürlich auch regelmäßig in den Spielklassen darunter. Gerade das ist für mich ein großer Teil der Faszination dieses Jobs - an einem Tag fotografiert man das Spitzenspiel der Bundesliga vor 40.000 Zuschauern und am nächsten Tag sitzt man am Dorfsportplatz und kann die 17 Besucher von Hand abzählen, hat kein erstklassiges WLAN am Spielfeldrand und kaum andere Kollegen neben sich sitzen.

Die Bundesliga erfreut sich größter Beliebtheit.
Immer wieder bekomme ich zu hören, was für ein cooler Job es doch ist, bei Sportveranstaltungen Fotos zu machen. Oftmals wird dabei einfach das sehr schöne Hobby Fotografie mit der Tätigkeit eines Presse- oder Sportfotografen assoziiert.

Klar kommen wir den Stars sehr nah und sehen Spiele aus Perspektiven, die den normalen Besucherinnen und Besuchern verwehrt bleiben, doch wer denkt schon beispielsweise daran, dass wir unter allen erdenklichen Umständen Bilder liefern müssen, während der Hobbyfotograf sein Equipment einfach einpacken kann, wenn er keine Lust mehr hat oder die Bedingungen zu schlecht werden. Wir hingegen müssen bei jedem Wetter und allen Arbeitsbedingungen ausharren und dabei versuchen, möglichst die Fotos zu schießen, die die Mitbewerber nicht haben.

Auch wenn sich dieser Text größtenteils mit der Fußball-Bundesliga befasst, weicht die grundsätzliche Arbeitsweise bei anderen Sportarten oder in anderen Spielklassen nur minimal hiervon ab. Zusätzlich sei noch erwähnt, dass natürlich jeder Kollege seine eigenen Abläufe hat, die sich an einigen Stellen zum Teil erheblich von meinen unterscheiden können. Hier hat jeder einen eigenen Workflow entwickelt, der für ihn gut passt.

Mit dem Fotoauftrag beginnt eigentlich schon die Vorbereitung. Bei mir ist es so, dass ich in der Regel per Redaktionsauftrag mit dem Fotografieren des Spiels beauftragt werde. Die Bildagentur, für die ich das mache, schickt mir den Auftrag per E-Mail und damit kann ich mich dann beim entsprechenden Heimverein akkreditieren. 

Hierfür gibt es von der DFL ein einheitliches Formular für die Bundesliga und die 2. Bundesliga, das gemeinsam mit dem Redaktionsauftrag und einem Scan meines Presseausweises an den jeweiligen Heimverein geschickt wird. Den Presseausweis muss man in jedem Jahr neu beantragen, weil man regelmäßig nachweisen muss, dass man damit auch sein Geld verdient. Aber der Presseausweis ist anders, als oft behauptet wird, nicht die "beste Dauerkarte der Welt". Er soll bezogen auf den Sport dazu dienen, dass sich nur hauptberufliche Fotografen für die Spiele akkreditieren, denn die DFL hat in ihren Richtlinien festgelegt, dass nur diese ein Bundesligaspiel fotografieren dürfen.

Vom Heimverein bekomme ich dann eine Rückmeldung, ob mein Antrag berücksichtigt wurde und wo ich am Spieltag meine hinterlegte Arbeitskarte abholen kann. Der Parkausweis für den Presseparkplatz kommt meist ein paar Tage vor dem Spiel mit der Post, per E-Mail oder wird irgendwo in der Nähe des Stadions hinterlegt. 

Spielszene von der Frauen-EM 2017 in den Niederlanden.
Handball ist ein extrem dynamischer Sport.
In den Tagen vor dem Spiel ist dann viel Lesen angesagt. Natürlich wäre es schlecht, wenn beispielsweise Stürmer X sein erstes Spiel nach einer langen Verletzung macht, und man nicht ein Foto von ihm hat, weil man das einfach nicht wusste. In der Basketball-Bundesliga bekommen wir beispielsweise nach jedem Viertel eine ausgedruckte Statistik. Da kann man dann auch schon mal schauen, wer sich so als Top-Scorer eines Teams abzeichnet und denjenigen dann besonders ins Visier nehmen. Informationen sind also ganz wichtig, auch für uns Fotografen. Zu guter Letzt muss man sich natürlich noch überlegen, wann man am Spieltag losfahren muss, um pünktlich am Spielort zu sein. Gerade bei längeren Strecken plane ich hier lieber etwas mehr Zeit und mach notfalls noch eine kleine Pause mehr.
Wie früh ich im Stadion ankommen möchte, richtet sich in erster Linie nach dem Spiel, das ansteht. Während ich in der Frauen-Bundesliga, beim Handball oder Volleyball in etwa eine Stunde vor Spielbeginn vor Ort bin, halte ich es in der Männer-Bundesliga etwas großzügiger und versuche, mindestens zwei Stunden vor dem Spiel im Stadion zu sein. In einigen Stadien, wie zum Beispiel bei uns in Bremen, kann man sogar schon deutlich früher ins Stadion. Aber warum bin ich so früh da? Die Straßen rund um das Stadion sind zu dieser Zeit noch relativ frei und auch das Ordnungspersonal ist noch recht entspannt, wenn das Stadion leer ist. 

Im Stadion hole ich dann zuerst mein Fotoleibchen ab, das wir im Innenraum tragen müssen. Dann suche mir dann einen Sitzplatz in den für Fotografen freigegebenen Bereichen und platziere mein Equipment - das hat zugegebenermaßen ein bisschen was vom Handtuchhinlegen im Urlaub am Pool. Wir dürfen aber bei weitem nicht überall sitzen, wo wir gern würden, daher ist es schon sinnvoll, sich rechtzeitig einen guten Platz zu sichern. 

In der Regel können wir hinter beiden Toren direkt hinter der Werbebande arbeiten. Bei einigen Vereinen kann man auch an der Seite bis auf Höhe des Strafraums oder in anderen Bereichen sitzen. Bei internationalen Wettbewerben ist es andererseits manchmal sogar verboten, während des laufenden Spiels zu stehen oder auf die andere Seite des Spielfeldes zu wechseln.

Wenn die Technik steht, bleibt noch Zeit für eine kleine Stärkung im Presseraum. Ich schätze diese Verpflegung für die Medienvertreter immer sehr, denn oftmals hat man ja eine mehrstündige Anreise hinter und eine ebenso lange Heimreise nach dem Spiel vor sich. Da freut man sich dann schon über eine Kleinigkeit zu Essen, bevor es in die Partie geht. Knapp eine Stunde vor dem Spiel kommen dann die offiziellen Mannschaftsaufstellungen und ich gleiche diese auf dem Laptop mit meinen zuhause bereits vorbereiteten Kadern ab. Dies ist wichtig, um die Bilder später richtig und sinnvoll beschriften zu können, doch dazu komme ich später.

Auf die richtige Position kommt es nicht nur beim Volleyball an.
Torjubel gehört zum Fotografen-Pflichtprogramm.
Sind der Abgleich und gegebenenfalls nötige Korrekturen erledigt, begebe ich mich allmählich in den Innenraum des Stadions, was unter Umständen je nach Stadion auch nochmal einen Weg von fünf bis zehn Minuten bedeuten kann, wenn man beispielsweise in Wolfsburg mal wieder eine gefühlte Ewigkeit auf den Fahrstuhl warten muss, auf dem Südumlauf des Weser-Stadions bereits reger Publikumsverkehr herrscht oder man in Mönchengladbach oder Leverkusen gegen den Besucherstrom ankämpfen muss, der sich genau entgegengesetzt bewegt.

Vor dem Spiel entstehen dann bereits die ersten Fotos, die man so kennt. Trainer und Manager im TV-Interview, die Experten, die ihren Senf zum Spiel dazugeben, Fans, die besondere Plakate hochhalten und so weiter und so fort. All das hat man vor dem Spiel bereits fertig und vielleicht sogar auch schon verschickt. Auch dazu später mehr.
Wer glaubt, dass mit dem Anpfiff etwas Ruhe einkehrt, der hat sich getäuscht. Jeder Fotograf versucht nun die besten Szenen zu erwischen und auch schnellstmöglich zu verschicken, denn wenn eine Redaktion erst einmal ein Bild geladen und eingebaut hat, wird sie dieses in der Regel später nicht mehr gegen ein schöneres austauschen. Ich persönlich halte es meist so, dass ich in jeder Halbzeit circa alle zehn bis fünfzehn Minuten ein paar Fotos fertig mache und verschicke. In der Halbzeit und nach dem Abpfiff bringe ich weitere Bilder auf den Weg. Bei diesen „Live-Bildern“ beschränke ich mich in der Regel auf wichtige und aussagekräftige Situationen. 

Für eher statische Motive, wie beispielsweise Fans oder Einzelbilder von Spielern, ist also im Spiel keine Zeit, die wandern erst nach der Partie ins Archiv. Besonders schnell muss es gehen, wenn ein Tor fällt. Dann müssen die dazugehörigen Jubelbilder schnell raus, denn womöglich bleibt dies ja das einzige und somit entscheidende Tor im Spiel.
Die Frage, was wir in der Halbzeit machen ist also somit auch geklärt. Während die Stadionbesucher sich mit Bratwurst und Bier für den zweiten Durchgang stärken, bearbeiten und verschicken wir die Bilder. 

Hierauf gehe ich an dieser Stelle einmal etwas genauer ein. Die Bilder werden zunächst von den Speicherkarten auf den Laptop überspielt. In den Kameras habe ich während des Fotografierens bereits die Bilder markiert, die ich live verschicken werde. Ich arbeite nun mit der Software „Photo Mechanic“ von Camera Bits. Photo Mechanic importiert nicht nur die Bilder von meinen Speicherkarten automatisch beim Anschließen für mich, es sortiert auch direkt markierte und unmarkierte Bilder, sodass ich auf dem Laptop gar keine Bildauswahl mehr treffen muss. Die zuvor in der Kamera ausgewählten Fotos kann ich so mit einem Tastendruck direkt zur Bearbeitung an mein Bildbearbeitungsprogramm weiterleiten. Ich nutze hierfür das unter Fotografen sehr beliebte Programm „Photoshop Lightroom“ von Adobe. Viel mehr als Zuschneiden, Geraderichten und vielleicht etwas Nachschärfen ist allerdings zeitlich nicht drin, denn die Bilder müssen schnell raus. 

Auch ohne die ideale Position entstehen oft tolle Fotos.
Flutlichtspiele erfordern eine professionelle Ausrüstung.
Das fertig bearbeitete Bild muss ich nun nämlich auch noch beschriften. Jedes Foto hat so genannte Metadaten, in die der Fotograf neben den allgemeinen Daten zum Spiel (Wer spielt wann und wo gegen wen?) unter anderem auch einen Text eintragen kann, damit der Bildredakteur auch weiß, was und vor allem wen er denn nun auf dem Foto sieht. Damit ich das alles nicht jedes Mal von Hand eingeben muss, habe ich ein kleines Programm, das Tastaturkürzel verwendet, um daraus Texte, also beispielsweise die Spielernamen, zu erstellen. Das spart enorm viel Zeit und vermindert Schreibfehler, gerade bei komplizierten oder langen Namen.

Die fertig bearbeiteten und beschrifteten Bilder gehen direkt per FTP-Upload auf den Server eines Verteildienstes, der die Bilder vereinfacht gesagt an mehrere potentielle Abnehmer verschickt und sie zudem auch ins Archiv der eigenen Bildagentur lädt. In der Regel sind bis zur Halbzeit so etwa 20-30 Bilder auf den Server und somit zu potentiellen Kunden gewandert. Etwa die gleiche Anzahl folgt im Laufe beziehungsweise direkt nach der zweiten Halbzeit. Wenn ich dann knapp zwei Stunden nach Abpfiff das Stadion verlassen habe, sind alle wichtigen Bilder bereits hochgeladen. 
Zuhause schaue ich die Bilder dann noch ein Mal komplett etwas genauer durch und kümmere mich um die sogenannten Nachdreher. Auf diese Weise wandern dann nochmal rund 70-100 Bilder ins Archiv, die für die Presse zwar tagesaktuell nicht so interessant sind, aber später nochmal gebraucht werden könnten. Dies sind dann Einzelfotos von Spielern, jubelnde Fans oder ähnliche Motive.

Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Fußballspiel auch aus Fotografensicht nicht bloß 90 Minuten dauert. Die An- und Abfahrt nicht mitgerechnet, dauert so ein Bundesligaspieltag für uns sechs bis sieben Stunden. Ich hoffe, dieser "Blick hinter die Kulissen" hat Euch gefallen. Wenn Ihr Fragen habt, schreibt mir gern unter der Mailadresse hello@ollibaumgart.de.
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